Auch im Jahr 2024 standen Energieeffizienz und erneuerbare Energie im Zentrum der Umwelt- und Energiekommission. Politisch hat sie sich für den nationalen Mantelerlass "Strom" eingesetzt. Gleichzeitig beobachtet die Kommission das neue kantonale Energiegesetz teilweise kritisch. Insbesondere die zwingende Nutzung des gesamten solaren Potentials von Dachflächen führt zu unverhältnismässigen Kosten und Produktionsüberschüssen. Wir wünschen uns hier weniger enge gesetzgeberische Vorgaben.
Die Schaffhauser Unternehmen arbeiten an der Energiewende
Die Wende weg von fossiler Energieerzeugung hin zu klimaneutraler bzw. -schonender Energie ist eingeschlagen. Nun gilt es, diesen konsequent zu gehen.
Laut einer gängigen Definition bezeichnet «Motivation» die Bereitschaft von Menschen (und somit Systemen) zu einem bestimmten Verhalten und dem freiwilligen Streben nach Zielen. In diesem Sinne hat die Wirtschaft in den letzten Jahren bereits viel für die eingangs erwähnter Energiewende unternommen: Sie steigerte ihre Energie- und Ressourceneffizienz deutlich, und zwar auf mehrheitlich freiwilliger Basis, und senkte gleichzeitig massgeblich ihre CO2-Intensität. Die Zahlen der Energieagentur für die Wirtschaft (ENAW) für das Jahr 2023 sind ermutigend: beim Ziel von 106.7 % für die Steigerung der Energieeffizienz liegt die Industrie im Kanton Schaffhausen bereits bei 113.0 % und somit klar über dem vereinbarten Ziel. Und wie sieht es beim Treibhausgas CO2 aus? Hier unterbieten die Schaffhauser Unternehmen das Ziel von 92.4 % mit einem Zielwert von 82.7 % ebenfalls deutlich. Das zeigt eindrücklich, wie motiviert die Schaffhauser Firmen sind, ihren wichtigen Beitrag zur Energiewende zu leisten! Und das mehrheitlich auf freiwilliger Basis.
Eidgenössische Abstimmung Mantelerlass Strom vom 9. Juni 2024
Die Stromversorgungssicherheit der Schweiz insbesondere in den Wintermonaten hat oberste Priorität. Die Schweiz will den Mobilitätssektor, die Wärmeversorgung und die Industrie elektrifizieren und dadurch die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto-Null reduzieren. Der Strombedarf wird daher in den kommenden Jahren stark ansteigen.
Der Energie-Mantelerlass – den die Schweiz am 9. Juni an der Urne angenommen hat - will den Weg für eine höhere Stromproduktion mit Solar-, Wind- und Wasserkraftanlagen im Inland ebnen. Damit soll ein Strommangel im Winter möglichst verhindert werden. In allen Stromproduktionsbereichen soll es künftig einen Vorrang gegenüber dem Naturschutz geben. Im Fokus stehen 16 Wasserkraftprojekte. Zudem sollen Gebiete, die sich für die Nutzung von Solar- und Windenergie eignen, künftig in den behördenverbindlichen kantonalen Richtplänen ausgeschieden werden. Die IVS hat sich im Abstimmungskampf für den Mantelerlass stark gemacht.
Gesetze aber im Zaum halten
Mantelerlass und Energiewende zum Trotz – es gilt, die gesetzgeberischen Aktivitäten im Zaum zu halten. Das neue kantonale Energiegesetz bietet aus Industriesicht zwei negative Beispiele:
So fordert es z.B., dass das gesamte solare Potential von Dachflächen genutzt werden muss. Das würde eine Abkehr von eigenverbrauchsoptimierten Solarstromanlagen hin zu eigentlichen Solarkraftwerken bedeuten, mit denen die Unternehmen Stromüberschüsse produzieren würden. Die Idee ist eigentlich gut, schiesst aber im vorgeschlagenen Kontext aus zwei Gründen über das Ziel hinaus:
Erstens sind die Kosten für eigenverbrauchsoptimierte Solarstromanlagen für die Unternehmen kalkulier- und in einem überschaubarem Zeithorizont refinanzierbar. Muss jedoch das gesamte solare Potential genutzt werden, wird in vielen Fällen deutlich mehr Strom produziert als das Unternehmen selbst verbrauchen kann – der Überschuss wird ins Netz eingespeist. Die Kosten für solche Anlagen steigen deutlich und können nicht oder nur ungenügend amortisiert werden.
Zweitens betrifft dies auch Dachflächen, die eine ungenügende Traglast aufweisen und vor einer möglichen Bebauung mit Solarpanels zuerst aufwändig saniert werden müssen. Alles in allem würde das zu hohen Kosten für die Unternehmen führen, die mit einer normalen Einspeisevergütung für den nicht selbst benötigen Strom nicht refinanziert werden können.
In beiden Fällen steigen die Kosten für die Unternehmen teils deutlich. Wenn der Gesetzgeber den Unternehmen die Auflagen macht, braucht es eine entsprechend hohe Einspeisevergütung.
Das sind nur zwei Beispiele. Grundsätzlich fordert die IVS immer Anreize statt Gesetzen. Denn Gesetze werden oft mit Subventionen unterstützt und diese haben bekanntlich keine nachhaltige Wirkung.
Die IVS wünscht sich weniger enge «Leitplanken» für die konkrete Umsetzung. Die Unternehmen sollten ihren eigenen, freien Weg wählen können. Dies führt aus unserer Sicht eher dazu, dass sich die Unternehmen langfristig flexibler auf eine bestimmte Umsetzung einlassen können.
Die Industrieunternehmen werden sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. Beim Energiebedarf sind die Hebel zur Veränderung am grössten, hier liegt die Verantwortung, auch um den Standort Schweiz wettbewerbsfähig und attraktiv zu halten. Investitionen in Stromerzeugungsanlagen haben für Gebäudeeigentümer eine vernünftige Amortisationszeit. Die derzeit sinkenden Preise für Module und Wechselrichter sowie die steigende Verfügbarkeit machen Investitionen noch attraktiver. Dies setzt voraus, dass eventuelle Mehrinvestitionen aufgrund einer grösseren Dimensionierung im Vergleich zum optimalen Eigenverbrauch tragbar sein sollten.
Herzlichen Dank
Unsere Kommission hat sich in diesem herausfordernden Jahr mit Engagement für die Anliegen rund um die Energie und Umwelt eingesetzt. Die Spezialist:innen der Kommission befassen sich in erster Linie mit konkreten Massnahmen im Bereich der Energieversorgung, mit Sparmassnahmen im Energiebereich sowie mit der Entsorgung von Reststoffen. Weitere wichtige Themen sind die Dekarbonisierung der Energie (CO2-Reduktion) und der Umgang mit Wasser bzw. Abwasser. Herzlichen Dank an alle Kommissionsmitglieder für ihr Engagement.
Werner Schmid, Vorsitzender Umwelt- und Energiekommission